Denkanstoß für Pflegeheim-Teststrategien: Was erwartet uns im Alltag?

Sie sind Leiter eines Alten- oder Pflegeheims und planen derzeit Ihre Schnellteststrategie nach der neuen Coronavirus-Testverordnung (TestV)? Wir möchten Ihnen dabei helfen, das Thema mit einigen konkreten Zahlen für Ihre Einrichtung zu verstehen: womit muss man rechnen und wofür muss man planen? Wie ist mit den möglichen Testergebnissen umzugehen?

Wir haben hierfür einen interaktiven Denkanstoß / Rechentool gebaut:

 

 

Features:

  • Diskussion zur Ausnutzung der Testkapazität

  • Denkanstoß zur Abschätzung Personalaufwand

  • Abschätzung der Häufigkeit richtiger und falscher Testergebnisse für die konkrete Einrichtung, für den konkret bestellten/verfügbaren Schnelltest

  • Verfügbar als Online-Rechner und als Download

Disclaimer: Ich bin kein Arzt. Das Tool basiert auf meinem Verständnis der Eigenschaften von Corona-Schnelltests, der Lektüre von Verordnungen zu Schnelltests in Deutschland, und Gesprächen mit einzelnen Personen aus dem Pflegewesen. Es enthält keinen wissenschaftlichen Rat und ich kann die Fehlerfreiheit nicht garantieren. Ich möchte lediglich Denkanstöße zum Einsatz von Schnelltests in Pflegeheimen geben.


Lesen Sie hierzu auch unsere Pressemitteilung vom 14.10.2020:

Schnelltest-Einführung in Alten- und Pflegeheimen erfordert schlüssiges Konzept

Anlässlich der Einführung von Antigen-Schnelltests in Alten- und Pflegeeinrichtungen ab dem 15. Oktober erklärt das Team der wissenschaftlich orientierten Initiative RapidTestsDE:

Wir begrüßen die Entscheidung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), gut validierte Antigen-Schnelltests zur Detektion von SARS-CoV-2 in die nationale Teststrategie zu integrieren. “Mit einem wohldurchdachten Konzept könnten so besonders gefährdete Personen, z.B. in Alten- und Pflegeheimen, auch bei steigender Inzidenz einen zusätzlichen Schutz erfahren”, so RapidtestsDE-Mitgründer Alexander Beisenherz. Ein gelungener Roll-Out könne als Nebeneffekt das Ansehen von Antigen-Schnelltests stärken und die Integration in andere Bereiche (Schulen, Kitas, Veranstaltungen, Privatgebrauch) fördern.

Dennoch sehen wir gewisse Fallstricke, die nach unserer Einschätzung vom BMG bisher nicht ausreichend kommuniziert wurden und Handlungsbedarf erfordern:

(1) Ansteckungs-Risiko: Ein negatives Testergebnis ist kein absolutes Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer Infektion. Die vorhandenen Schutzmaßnahmen müssen daher weiter aufrechterhalten bleiben, um einen Virus-Eintrag zu vermeiden (falsche Sicherheit). 

(2) Verunsicherung: Falsch-positive Ergebnisse können ohne ausreichende Hintergrundinformationen zu Verunsicherungen führen, bis hin zur breiten Ablehnung der prinzipiell sinnvollen Tests.

(3) Zeitaufwand für das Personal: Wir rechnen bei voller Ausschöpfung der vom BMG bewilligten Testkapazitäten mit einem zeitlichen Testaufwand, der mindestens eine Vollzeitstelle pro 80 Bewohner-Einrichtung ausmacht. Hierzu sollten zeitnah Möglichkeiten erörtert werden, eventuell auch einrichtungsübergreifend und/oder auf kommunaler Ebene. 

(4) Schwierige Aufgabe für die Leitungen: Viele Einrichtungen könnten mit der Erstellung einer Teststrategie überfordert sein und infolgedessen auf die Nutzung der Tests verzichten oder deren Potenzial nicht voll ausschöpfen.

(5) Arbeitsausfall und Vereinsamung: Bestätigungstests (z.B. PCR) sollten zeitnah durchgeführt werden, um eine unnötig lange Quarantäne von Bewohner*innen und Personal zu vermeiden.

Anmerkung: Eine einzige zu spät entdeckte Infektion führt neben den potenziell desaströsen medizinischen Folgen, je nach Bundesland, zu einer 14-tägigen Quarantäne von drei bis sieben Mitarbeiter*innen. Zwar ist die regelmäßige Testung mit einem personellen Mehraufwand verbunden, jedoch kann durch die frühzeitige Entdeckung und Vermeidung von Infektionen die Quarantäne vieler Mitarbeiter*innen vermieden werden.

Zu all diesen Punkten lassen sich sicher gute Lösungen finden – aber wer arbeitet sie aus? Nur bei einem schlüssigen Testkonzept sind wir der Überzeugung, dass die neue Teststrategie mit Schnelltests ein Stück mehr Sicherheit, aber auch Normalität in das Leben der besonders Schutzbedürftigen bringen kann. Auch mit Blick auf die Zukunft ist es wichtig, dass die ersten Erfahrungen mit Schnelltests erfolgreich verlaufen. Denn: Ziel muss es sein, dass Antigen-Schnelltests schon bald einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie leisten und die Fallzahlen durch deutlich mehr Tests und Isolierungen von Infektiösen wieder gesenkt werden können.